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Yvonne Polzin

31 Jahre

9. September 2001

Ferienhaussiedlung in Strietfeld im Kreis Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern)

Till-Hauke Heldt, Quelle: Weser Kurier, 3. Oktober 2001

Die Täter waren ein 29-jähriger Kaufmann aus Bremen, Till-Hauke Heldt und Tim Schüler.

Die beiden Täter töteten 1995 und 1996 auch den nepalesischen Flüchtling Shiva K.C. (aus Eifersucht und Fremdenhass) und den Bremer Kaufmann Reinhard Wojciechowski (Motiv: Habgier, Versicherungsbetrug)

Nach diesen beiden Morden begann Heldt sadomasochistischen Sex zu praktizieren. Er in der Rolle des Meisters. Er nannte sich „Eric“ in den Rollenspielen und mietete eigens ein Haus an. Ihm ging es um „die Begegnung mit dem Herrn“, die er durch Fesselungen, Bestrafungen, Erniedrigungen erreichen wollte. Als Kind wurde er nach eigenen Angaben in ähnlicher Weise von seinem Vater misshandelt.

Heldt träumte von einer „SM-Welt“ mit permanentem Rollenspiel mit Turmzimmer, einem als Thron verkleideten elektrischen Stuhl. Der Plan sei ihm „eine Herzensangelegenheit“ gewesen, den er nie verwirklichen konnte. Stattdessen eröffnete er einen „stinknormalen Puff“. Seine spätere Frau hatte dafür ein ehemaliges Flüchtlingsheim an der Waller Heerstraße gekauft, in dem in acht Zimmern der Prostitution nachgegangen wurde, im Keller eine Domina „Lady Donja“.

1998 lernte Heldt Yvonne kennen, eine „psychisch labile junge Frau“. Sie verliebte sich in ihn, wurde, um ihm zu gefallen, prostituiert und bot als einzige in Heldts Bordell in der Waller Heerstraße Analverkehr an. „Sie hat fantastisch gearbeitet, weil sie in mich verliebt war“, sagte Heldt. Er war fasziniert von der „totalen Unterordnung bis zur Selbstaufgabe“ und behandelte sie „wie Dreck“. Heldt habe Yvonne mit Schüler geteilt: „Ich war für sie der Papst, Schüler war für sie der liebe Gott“. Schüler, der laut Heldt die ursprüngliche Idee mit dem Bordell gehabt haben soll, räumte nach erstem Zögern vor Gericht Milieukontakte ein.

Das selbstgebaute Krematorium, Quelle: Weser Kurier, 27. Oktober 2001

Heldt, der seine Frau anfangs in seine Rollenspiele einbezogen hatte, ging mehr und mehr dazu über zu Hause ein „normales Leben“ mit einem Kind seiner Frau und zwei gemeinsamen Kindern zu leben. In dieses Paralleluniversum platzte Yvonne als sie an seiner Tür schellte und Heldts Frau öffnete. In Yvonnes Auftauchen sah er einen „absoluten Tabubruch“. Sie musste weg. Er brachte sie nach Nordrhein-Westfalen zu Tim Schüler. Schüler besorgte ihr eine Bleibe, setzte sie unter falschem Namen für neue Betrügereien ein. Als er für drei Monate in U-Haft kam, stand Yvonne vor dem Nichts und wandte sich wieder an Heldt. Sie sagte einem Bekannten sie habe „gegen ihn noch ein Ass im Ärmel“. Das war der Zeitpunkt wo Heldt beschloss: Sie muss weg für immer. Anfang September 2001 lud er einen von einem befreundeten Handwerker eigens für ihn angefertigten Ofen in einen Kleintransporter und fuhr Richtung Osten. Auf dem Beifahrersitz: Yvonne Polzin. Ein romatisches Wochenende hatte er ihr versprochen, gleich zwei abgelegene Ferienhäuser in Mecklenburg dafür angemietet. Dort angekommen, wuchtete Heldt sein Krematorium aus dem Lieferwagen, hebelte es auf das Gestell, schloss Abgasrohr und Brenner an. Aber das Monstrum funktionierte nicht. In hektischen Telefonaten mit dem Klempner versuchte Heldt, die Störung zu lokalisieren. Es fehlte eine Düse, die er erst am nächsten Tag bei einem örtlichen Installateur kaufen konnte. Heldt wuchtete den Ofen ins Auto zurück und ging ins Schlafzimmer. Dort wartete Yvonne. Auf seinem Bett hatte sie aus Süßigkeiten ein Herz geformt. In des Herzens Mitte lag ein Zettel mit der Aufschrift „Ich liebe Dich“. Der Geliebte schlief vor Erschöpfung ein.

Am nächsten Morgen bat er Tim Schüler um Hilfe. Wobei, sagte er nicht. Schüler zögerte, aber bei einem zweiten Anruf sagte er zu. Heldt kaufte inzwischen die fehlende Düse und baute sie ein. Der Brenner funktionierte. Der Tüftler war darüber „sehr glücklich und fühlte sich schon als Sieger“. Als sein Freund spätabends aus Düsseldorf eintraf, erklärte er Schüler, worum es ging. Gemeinsam bauten die beiden den Ofen zusammen und zündeten ihn. Nach zwei Minuten versagte der Brenner den Dienst. Heldt rief abermals den Klempner an. Der empfahl, wegen der Sauerstoffzufuhr die Tür offen zu lassen. Das half. Heldt ging ins Haus und tötete Yvonne Polzin.

Auf einem Leiterrost trugen Heldt und Schüler die Leiche zum Ofen, schoben sie hinein und starteten den Brenner. Ohne Erfolg. Die ganze Nacht über telefonierte Heldt mit dem Handwerker. Der riet zu mehr Wärmedämmung.

Am nächsten Morgen kauften Heldt und Schüler im Baumarkt Dämmplatten. Da die Zeit drängte, entschlossen sie sich, die Verbrennung am helllichten Tag fortzusetzen. Bald setzte der Brenner immer öfter aus, schwarzer Rauch quoll aus dem Ofenrohr. Aus Angst vor Entdeckung löschten sie das Feuer und entschlossen sich, den unverkohlten Teil der Leiche zu zerkleinern. Sie kauften Winkelschleifer, Trennscheiben, Beil und Fleischwolf.

Als die letzten Fleischstücke mit dem Beil in den Boden getrieben waren, fuhr Schüler zurück nach Düsseldorf. Heldt traf sich in der Ferienwohnung noch mit einer alten Bekannten aus dem Osten, deren Besuch er aus Alibi-Gründen vorher eingeplant hatte. Erst danach kehrte er im Lieferwagen zurück nach Bremen.

Der Klempner sollte beim Entsorgen des Ofens helfen. Wegen des Gestanks und der Leichenrückstände schöpfte er Verdacht. Heldt behauptete es handele sich um Rehfleisch. Der Handwerker jedoch ging zur Polizei. Die Polizei wies ihn mit seiner abenteuerlichen Geschichte zunächst ab. Erst im zweiten Anlauf glaubte sie ihm und begann zu ermitteln. Als Heldt davon Wind bekam, setzte er sich aus Bremen ab. Er besprach sich mit Zeugen, versuchte, seine Verteidigungsposition aufzubauen. Dann suchte er seinen Anwalt auf. Nach einem langen Gespräch mit dem Juristen stellte er sich in dessen Kanzlei der Polizei.

Der Mord wurde in den Medien als „Ofenmord“ bekannt.

Heldt, der dreimal lebenslänglich erhielt, studierte hinter Gittern Betriebswirtschaftslehre an der Fernuni in Hagen. Sein Komplize, der zum Zeitpunkt der Vorurteilung 38 Jahre alte Tim Schüler, wurde zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Zusammen mit vorangegangenen Urteilen ergab sich eine Gesamtstrafe von 15 Jahren. Für den Mord an dem Bremer Kaufmann war er zunächst zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, ging aber erfolgreich in Revision und wurde hier nur noch wegen Beihilfe verurteilt.

Bei beiden wurde eine besondere Schwere der Schuld festgestellt (weshalb eine frühzeitige Entlassung ausgeschlossen ist).

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  • von hanna